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Herkunft, Namen und die weitere Entwicklung unseres Strassers. Chronik des
Sondervereins
Obwohl über die Herkunft des Strassers,
seinen Namen und die weitere Entwicklung viel geschrieben wurde, sind doch
immer wieder neue Fakten bekannt geworden. So blieben die Ausführungen in
meiner Monographie
"Strasser - Herkunft - Haltung - Zucht" 1982, sowie in
den "Strasserheften" von 1982 und 1987 lückenhaft und können nun weiter
vervollständigt werden.
Hierzu trägt die immer umfangreicher werdende "Strasser-Chronik", der
inzwischen bis zum Jahre 1904 zurückreichende Fachbeiträge hinzugefügt werden konnten,
erheblich bei. Josef Wintjes-Legden gilt mein Dank für die Überlassung
vieler Fachbeiträge
.
Strasser um 1911 aus "Schaibzerbel"
Kennzeichen der Taubenrassen
Die schon immer angenommene und oft zitierte
Tatsache, dass die Wiege unseres Strassers in Mähren lag, wird durch die
außerordentlich eingehenden und umfangreichen Recherchen Dr. Kühschelm's (DKZ
1/93) bestätigt.
Danach war Pastor Volny-Naklo der erste
Strasserliebhaber, da er seiner Zeit "einen großen Geflügelhof, darunter
eine große Zahl strasserähnlich gezeichneter Tauben" besaß. Es wird auch
nachgewiesen, dass die weitere Verbreitung, vornehmlich über den Nikolsburger Taubenmarkt,
sowie über Brunn, Poisdorf, Laa nach Wien geschah.
Somit haben diese tschechisch-deutschen, wie auch
die österreichischen Züchter einen wesentlichen Anteil an der
Vervollkommnung und weiteren Verbreitung. Den österreichischen Züchtern
gebührt aber auch die Anerkennung, das Schauwesen rückwirkend nach Mähren
gebracht zu haben.
Zwar ist nicht korrekt überliefert, woraus unsere
Rasse entstanden ist, doch weisen alle Aussagen darauf hin, dass Modeneser,
Florentiner und Feldtauben zunächst unbewusst gekreuzt wurden. Es ist sogar
anzunehmen, dass die ersten unkontrollierten Kreuzungen schon vor 1850
geschahen. Um 1850 sollen bereits Tauben mit einer gewissen Einheitlichkeit
vorhanden gewesen sein. Diese modeneserhaft gezeichneten Tauben mit weißem
Körpergefieder und farbiger Kopf-, Flügelschild- und Schwanzzeichnung galten
seinerzeit als Strasser. Schwingen und Rücken waren jedoch noch bis zum Ende
des Jahrhunderts mehr oder weniger weiß. Manche Tauben zeigten auch Spitz-
oder gar weiße Rundkappen! Dass es die Spitzkappigen noch lange Zeit gab,
wird im "Prachtwerk sämtlicher Taubenreisen" von Schachtzabel (1911)
bestätigt. Die Einkreuzung von Kröpfern wird als Ursache hierfür angesehen,
wie auch die ab und zu auftretenden Perlaugen und leichtes Blaswerk vermuten
lassen.
Damals wurden sie unter die "Farbentauben"
eingereiht.
Berichtet wird auch, dass um 1870 erneut Florentiner
zur Verbesserung der Schnabelfarbe, vornehmlich bei den Roten und Gelben,
eingekreuzt wurden. Zur farblichen Verbesserung dienten mehrfach
Huhnschecken, wie die unerwünschten Merkmale: Weiße Schnippe, hohe Stellung
und roter Augenrand lange andeuteten.
Dass nebenher noch weitere, strasserähnliche Tauben
auftraten, ist überliefert. So entstand in der Olmützer Gegend eine etwas
kleinere Taube, die jedoch zunächst meist nur farbigen Kopf und Schwanz
besaß, dazu ein gesprenkeltes Flügelschild. Erst durch die spätere
Einkreuzung der "Nikolsburger" wurde der wirkliche, aber kleinere Strasser
daraus, aus dem die heutigen "Mährischen Strasser" entstanden sein mögen.
Der bekannte Züchter Prokop-Brunn bestätigt das in einem Bericht in der GB
Nr. 29/36.
Über den Namen ist viel gerätselt worden. Während
die tschechischen Züchter ihn auf "Strauß" (so groß wie der Vogel Strauß),
zurückführen wollten, vermuteten andere ihn aus der tschechischen Sprache
ableiten zu können, was sich jedoch nicht beweisen ließ.
Am wahrscheinlichsten ist - und das vertreten alle
deutschen und österreichischen Autoren, wie Dürigen, Giesecke, Baldamus,
Möbes, Siekmeier und Zurth, dass er von der mährisch-österreichischen
mundartlichen Bezeichnung "Stroß" gleich Straße abzuleiten ist, woraus sich
hochdeutsch "Strasser" ergab. Auch in anderen Landesteilen, wie z. B.
Schlesien, spricht man mundartlich "Stroasser". Da diese schwereren
Strassertauben nicht so gern ins Feld flogen, auch als Neuheit von ihren
Besitzern gern gezeigt wurden, fütterte man sie auf der Straße. Zum
Unterschied zu den bekannten Feldflüchtern wurden sie dann als –
Straßentauben - bezeichnet.
Über ihr erstes Auftreten auf den Schauen berichten
Giesecke, Siekmeier, Möbes und auch Zurth übereinstimmend, dass in Wien 1870
11 Paare gezeigt wurden. Sie seien wie die Florentiner, aber kleiner, gibt
der Aussteller Seydl dem Deutschen Dr. Baldamus zur Kenntnis. Er fügt weiter
hinzu, dass sie breit und kurz gefordert würden (wie auch noch heute), doch
die Zeichnung leider nicht mehr so exakt sei wie vor 20 Jahren.
Um 1860 habe es vorwiegend Rote, Gelbe, seltener
Blaue und Schwarze, doch diese wieder vorwiegend geschuppt gegeben.
Schon bald danach kamen sie über die Grenze nach
Bayern und somit nach Deutschland. 1886 wurden sie erstmals in Hannover,
danach auch 1891, 1892, 1894 und 1896 in Halle und Leipzig vorgestellt.
Wie wenig ausgereift die Formen und die Zeichnung
waren, besagt ein Bericht des in seiner Zeit bekannten Züchters Stefan
Lampertsheim in der GB 2/38. Er habe 1898 selbst Strasser aus sog.
Bayerischen Strassern (mit Haube), Florentinern und Altdeutschen Kröpfern
(!) ohne Importe erzüchtet und diese jeweils bei der entsprechenden Rasse
ausgestellt!
Daraus ist ersichtlich, dass es bis zu einer
einheitlichen Zeichnung über 50 Jahre, nämlich bis 1907, dauerte. In allen
dazwischen liegenden Jahren variierten Zeichnung und Formen recht stark
infolge der unterschiedlichen Ahnen.
Marten- Lehrte beschreibt sie noch 1904 in seinen
"Kennzeichen der Taubenrassen" in der 1. und 2. Auflage nach seinen eigenen
Beobachtungen: Noch um 1880 seien sie so groß wie mittelgroße Römer gewesen,
heute (1900) jedoch kleiner. 
Auch damals wurden sie kurz und breit gefordert. Die
Farbe sei sehr wichtig, doch anfangs recht stumpf, ohne Glanz gewesen, nun
aber schon besser geworden. Die Zeichnung ähnle den Florentinern und hätte
daher meist 3 bis 5 weiße Schwingen. Der Kopfschnitt wird hier noch mit 2
bis 3 mm (!) unter dem Auge angegeben, sei aber heute vielfach größer (ca. 3
bis 4 cm). Die Rückenfarbe wurde gar nicht beachtet. Schäfer, Potsdam
schreibt in der GB Nr. 8/35, er habe 1885 erstmals ausgestellt. Danach gab
es 40 verschiedene Variationen und Zeichnungen, die erst später auf 9
Farbenschläge reduziert wurden.
So ist es verständlich, dass man sich in den Jahren
von 1902 bis 1905 um eine einheitliche Zeichnung bemühte und sich letzten
Endes für farbigen Rücken und farbige Schwingen entschied, um vor allem
Strasser und Florentiner klar zu trennen. Ob man seinerzeit bereits der
Zusammenhang zwischen Schwingenfarbe und den farbigen Federn am Fersengelenk
("Hosen") erkannt hat, geht daraus nicht hervor.
Diese Zeichnung gilt heute für Strasser in der
ganzen Welt, wenn auch in der CSSR noch andere Spielarten, wie z.B.
Weißschwänzige, zugelassen sind.
Man hat heute jedoch in der Größe zu unterscheiden
zwischen dem heutigen CSSR~Typ, der seine ursprüngliche Form, leichter im
Typ, mit weniger Brustfülle und -tiefe, etwas höherem Stand, beibehalten hat
und inzwischen auch bei uns als "Mährischer Strasser" anerkannt ist und dem
größeren, kompakten deutschen Strasser, der in der übrigen Welt Anklang
fand.
Die alte Spielart des CSSR-Typs (mit weißen
Schwingen und weißem Rücken) hat sich trotzdem, vor allem in den an die CSSR
angrenzenden bayerischen Bezirken, weiter erhalten und wurde dort vielfach
als "Bayerischer Strasser" gezüchtet. Sie fand bei uns erst 1962 als
„Böhmentaube" ihre Anerkennung und zeichnet sich noch heute durch große
Fruchtbarkeit, lebhaftes Wesen und Flugbereitschaft aus.
Die endgültige Aufwärtsentwicklung unserer Strasser
in Deutschland wurde 1907 mit der Gründung der "Vereinigung Deutscher
Strassertaubenzüchter" anlässlich der Junggeflügelschau in Hannover unter
dem Vorsitz von Otto Giesecke, Quedlinburg in feste Bahnen gelenkt. Mit der
Annahme der Musterbeschreibung, die farbigen Rücken und farbige Schwingen
fordert, kann dieses Jahr als die Geburtsstunde der heutigen
Strasserzeichnung bezeichnet werden.
Nach 1918 bildeten sich in Deutschland viele
regionale Vereinigungen. So in Sachsen, Thüringen, Fränkisch -Thüringen,
Erzgebirge, Süddeutschland, Berlin-Brandenburg, und Nordwestdeutschland. Die
meisten bevorzugten ihr Eigenleben, denn nicht alle schlossen sich dem
Dachverband "Deutscher Strasser Verein" an. 1. Vorsitzender war jedoch auch
jetzt wieder Otto Giesecke, Quedlinburg, 2. Vorsitzender Karl Siekmeier,
Hannover, Geschäftsführer Dr. Friedrich, Zerbst und Kassierer Dr. Meinecke,
Zerbst. 
1929 beschloss man in einer Versammlung die
Umbenennung in "Reichsbund Deutscher Strasserzüchter", der bis 1933 aus dem
gleichen Vorstand bestand. (GB 8/29)
Bestrebungen, dem Strasser durch Kreuzungen mehr
Körpergewicht zu geben, wurden in den 20er Jahren mehrfach praktiziert. So
kreuzte z. B. Rusch, Fürstenberg (nach GB 8/28 besaß er u. a. 150 Gelbe!)
eine weiße Römertäubin ein. Die seiner Zeit vorrangig geltenden
Flugeigenschaften ließen jedoch erheblich nach, so dass man wieder davon
abging. In der CSSR gelang es vor allem bei den Roten und Gelben, mit
Huhnschecken die Farbe zu verbessern. Allerdings wurde hierdurch die Feder
vielfach recht weich (haarig) und der Stand recht hoch. Danach klagten die
Züchter, dass die regennassen Tauben, die seinerzeit recht hoch gelegenen
Schläge nicht mehr erreichten, ganz zu schweigen vorn Feldern und das sie
Opfer von Katzen und anderen Raubzeug worden.
1933 erfolgte der zwangsweise Zusammenschluss zum
„Sonderverein der Strasserzüchter“, dessen
1. Vorsitzender Ernst Kegel, Berlin bis 1943 war. Er hat den Sonderverein vorwärtsstrebend gelenkt, ohne
diktatorisch zu sein. Die moderne Form unseres Strassers ist weitgehend auf
sein Wirken zurückzuführen.
Zu Ehrenmitgliedern wurden Otto Gieseke und
Emil Schachtzabel ernannt. 2. Vorsitzender wurde Otto Möhler, Gersdorf.
Schriftführer E. Rhumbler, Frankfurt/M., Kassierer W. Meinecke, Wernigerode,
sowie Beisitzer C. Tschachmann, Leipzig, E. Hentze, Luckenwalde, Dr.
Friedrich, Zerbst, F. Tittelfitz, Frankfurt/M. und L. Büchner, Sonnefeld.
Deutschland wurde in Bezirke aufgeteilt und zwar:
Bezirk 1 - Berlin-Brandenburg-Ostdeutschland-Schlesien
Bezirk 2 - Freistaat Sachsen
Bezirk 3 - West- und Norddeutschland
Bezirk 4 - Hessen-Württemberg-Baden
Bezirk 5 - Thüringen
Bezirk 6 - Bayern.
Aus den in der Chronik vorhandenen
Mitgliederverzeichnissen (mit Musterbeschreibungen) von 1934, 1940 und 1942
sind weitere Vorstandswechsel, sowie die Bildung sich abspaltender neuer
Bezirke ersichtlich. (Schlesien, Norddeutschland, Südbayern).
Die Schauen der 30er Jahre hatten hohe
Beschickungszahlen mit unseren Strassern zu verzeichnen, sowohl in den
Bezirken, doch vor allem zur Deutschen Junggeflügelschau, den Reichssieger-
und Reichskleintierschauen.
Die Formen, insbesondere die Brustfülle und -tiefe
wurden verbessert, jedoch blieb, schon wegen der geforderten
Flugeigenschaften, die Feder noch länger als heute. Wegen ihrer zahlreichen
Jungtauben und der Futtersuche im Feld, waren sie seinerzeit als sog.
"Wirtschaftstauben" anerkannt. Richtungweisend war damals die berühmte blauhohlige Täubin des
SV-Vorsitzenden Ernst Kegel mit voller, tief
gefüllter Brust, doch nach heutigen Maßstäben noch längerer Feder. Diese
Taube zierte auch die Umschläge der Mitgliederverzeichnisse.
Zu den Züchtern in der CSSR bestand immer ein
recht enger Kontakt. Otto Giesecke fuhr über 30 Jahre lang zu den
dortigen Schauen und brachte viele gute Strasser mit. Die Zuchtrichtungen
weichen jedoch voneinander ab, wenn über längere Zeit kein direkter
Vergleich möglich ist.
Auch wurden in dieser Zeit Huhnschecken zur
farblichen Verbesserung eingekreuzt, die jedoch erneut figürliche Nachteile
wie hohe, angezogene Stellung und rote Augenränder verursachten.
Jeschek, Brünn berichtet daher auch in der GB 1929
und 1932, dass in Nordböhmen und Deutschland das Hauptgewicht auf Größe und
Figur, im Raum Brünn jedoch auf Farbe gelegt würde. Ein erster Vergleich
geschah dann 1929 in Quedlinburg, der scheinbar noch zu wenig aussagte. Der
Vorsitzende der Sektion Strasser der CSSR, Josef Prokop, legte danach in der
GE Nr. 29/36 anhand des Standards die Zuchtrichtung seiner Züchter dar.
Er schlug einen weiteren Vergleich auf dem
Weltgeflügelkongress in Leipzig 1936 vor. Das geschah un so standen in der
deutschen Abteilung 83 Paare in den Farbenschlägen blau ohne und mit Binden,
schwarz, rot und gelb. Die Züchter der CSSR – Aussteller war der Verband –
zeigten 15 blaue, schwarze, rote und gelbe Paare, sowie 2 Paare
schwarzgesäumt.
In der Körpergröße bestand kein wesentlicher
Unterschied, abgesehen von den Schwarzgesäumten. Die Formen waren jedoch
länger, denn der CSSR-Standard lautete 1936: „Langgestreckt“ (!), während
der unsrige: „Kurz, gedrungen" forderte.
Die Gelben und Roten waren höher im Stand, zeigten
jedoch eine sehr gute Farbe, aber recht raue Federn. Die Schwarzen gefielen
farblich und im Grünglanz. Die Blauen mit ihrer dunklen, fast rauchblauen
Farbe, sind nicht unser Ideal. Die beiden schwarzgesäumten Paare blieben in
Deutschland und verbesserten diesen Farbenschlag. Unsere zeigten bis dahin
nur ein mehr oder weniger fleckiges Flügelschild. So sind diese auch auf der
Kunstdruckbeilage der GB aus dieser Zeit dargestellt.

Nach 1945 waren die Taubenzuchten allgemein stark
dezimiert. Die ostdeutschen Zuchten gingen fast vollständig verloren. Von
unseren mitteldeutschen Zuchtfreunden blieben wir bis 1989 getrennt. Trotz
politischer Schwierigkeiten wurden doch vielfach freundschaftliche Kontakte
mit den Züchtern gepflegt, die Schauen besucht und auch Tauben ausgetauscht.
Dass die Züchter ihre Strasser trotz erheblicher Futterschwierigkeiten über
diese Zeit brachten, verdient höchste Anerkennung.
Wider Erwarten gelang bereits in den 50er Jahren
eine erhebliche Verbesserung der Strasserzuchten. Die regionalen
Vereinigungen in Oberfranken, Hessen und Nordwestdeutschland lebten wieder
auf. Unter Zurückstellung eigener Interessen ist es der Aktivität dieser
drei Vereinigungen zu danken, dass sie sich 1955 anlässlich der Nationalen
Rassegeflügelschau in Köln zum "Hauptverein Deutscher Strassertaubenzüchter"
zusammenschlossen.
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Als 1. Vorsitzender fungierte Fritz Tittelfitz,
Frankfurt/M.,
1. Schriftführer Erich Rublack, Bassum und Kassierer
Hermann Spitzenpfeil, Michelau/Oberfranken.
Die Untergliederung erfolgte in
Bezirk 1 - Bayern,
Bezirk 2 - Nordwestdeutschland (später Nord) und
Bezirk 3
- Hessen.
Weitere Bezirksgründungen erfolgten fast zwangsläufig. So entstand
1957
Bezirk 4 - Südwest und
Bezirk 5 - Südbayern. Danach folgte 1966
Bezirk
6 - Nordrhein-Westfalen (später West) und der
Bezirk 7 - Oberpfalz im Jahre
1968.
Nach Übernahme des Vorsitzes durch Herold Gagel, Michelau/Ofr. im
Jahre 1968, folgte 1975 die Gründung
Bezirk 8 - Berlin-West und
Bezirk 9 - Donau-Lech.
Fritz Tittelfitz wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die
Mitgliederzahlen stiegen weiter stetig an und erreichten die 1000-Grenze.
Die züchterische Aufklärung wurde 1961 durch die
Herausgabe eines Heftes „Zucht und Bewertungsrichtlinien“ durch den
Hauptverein eingeleitet. 1963 erfolgte ein weiteres Heft "Muster- und
Formfehlerbilder für Strassertauben", das neben den Bildern eines
Idealpaares auch fehlerhafte Abweichungen aufzeigt. Durch die Broschüre
unseres Altmeisters Karl Siekmeier, Berenbusch (†) wurden den Züchtern
weiter aufklärende Informationen gegeben. Die zweimalige Auflage der
Broschüre unterstreicht die Werte der Information.
Um eine möglichst einheitliche Bewertung zu
erreichen, wurden seit 1971 im zweijährigen Turnus Schulungen aller
praktizierenden Sonderrichter durchgeführt und dafür ein eigener Kassenfond
eingerichtet.
1970 wurde erstmals ein spezielles "Strasserheft"
(rot) vom Hauptverein herausgegeben. Es enthält ein vollständiges
Mitgliederverzeichnis, die Satzungen und einen ausführlichen Kommentar zum
gültigen Standard. Zum 70. Jubiläum des 1907 gegründeten Hauptvereins
erfolgte die erneute Ausgabe eines solchen Heftes (grün), dem eine Chronik
hinzugefügt wurde. Weiterhin wurde ein Autoaufkleber mit dem Musterbild
eines blauhohligen Strassers entworfen. Es folgten 1982 die Jubiläumsausgabe
zum 75. Bestehen des Sondervereins (gelb) und zum 80. Bestehen eine weitere
Broschüre und zwar 1987 (blau).
Die Mitgliederzahlen stiegen jährlich und
überstiegen in den 80er Jahren die 1000-Grenze. Nach der Wiedervereinigung
sind nunmehr mehr als 1600 Strasserzüchter in unserem Sonderverein
vereinigt.
Jährliche Höhepunkte der Bezirke sind deren
Mitgliederversammlungen, die im Spätsommer stets mit Sichtung der Jungtauben
und Besprechungen verbunden sind. Sonderschauen der Bezirke erreichen
inzwischen oft hohe Beschickungszahlen, die weit über 500 liegen.
Mit mehreren hundert Strassern beschickte regionale
Schauen fanden bereits in der ersten Hälfte der 50erJahre im hessischen Raum
statt. Als erste "Strasser-Hauptschau" wurde die in München 1956 mit 312
Nummern beschickte Schau durchgeführt, die der LV-Schau angeschlossen
war. Sie gewann schnell an Bedeutung und wird seitdem jährlich wechselnd in
den einzelnen Bezirken mit steigender Beschickung durchgeführt. Sie findet
großes Interesse bei den Strasserzüchtern des In- und Auslandes und
überschritt inzwischen oftmals die 2000-Grenze. Nach der
Wiedervereinigung mit unseren ostdeutschen Zuchtfreunden wird sie sich
sicher jährlich um 3000 Strasser
bewegen.
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Ein weiterer Höhepunkt war der Wettbewerb um den
"Goldenen Sieger-Ring" anlässlich der Nationalen Rassegeflügelschau in
Dortmund 1982. Er wurde uns anlässlich unseres 75-jährigen SV-Jubiläums
zuerkannt. 679 Strasser in fast allen Farbenschlägen bewarben sich um diese
Trophäe. Paul Bergmann, Ratzeburg ging mit 1,1 Schwarz als Sieger hervor.
Zur Abrundung des Wettbewerbs wurden außerdem je 1 Voliere fahl mit roten
Binden und schwarzweißgeschuppt, sowie je 1,1 Strasser aller Farbenschläge
werbend vorgestellt.
In der DDR übernahm Qtto Giesecke nach 1945 wieder
den Vorsitz des nun als "Sonder-Zucht-Gemeinschaft" bezeichneten
Spezialvereins. Auch hier gewann die Strasserzucht trotz schwieriger
Futterbeschaffung schnell wieder an Bedeutung. Das bewiesen die hohen
Beschickungszahlen der großen und mittleren Schauen, wie z. B. die "Lipsia"
und die "Strasser-Haupt-Schauen" in der DDR.
Dass auch die Qualität zum größten Teil hohen
Anforderungen entsprach, wird durch eine stetige Zahl in die Bundesrepublik
transferierter Strasser unterstrichen.
Für den aus Altersgründen zurückgetretenen
Vorsitzenden Qtto Giesecke übernahm 1958 Erich Rantzsch, Threna (†) die
Leitung der SZG. Unter seiner Leitung und dank der Initiative von Adolf
Dippe, Helmstedt konnte am 17.1.1960 eine gemeinsame Strasserschau in
Helmstedt durchgeführt werden, die mit 436 Strassern aus beiden Teilen
Deutschlands beschickt war.
Die Gegenschau fand am 13.11.1960 in Leipzig
zusammen mit den Züchtern der Deutschen Schautaube statt, auf der 1443
Strasser gezeigt wurden. Weitere gemeinsame Schauen wurden danach leider von
der DDR nicht mehr genehmigt.
Seit 1967 leitete Ernst Franke, Zeitz die SZG für
den aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Erich Rantzsch (†). Dieser
musste ebenfalls sein Amt 1982 aus gesundheitlichen Gründen an Reinhard
Köhler, Nißma übergeben, der es bis zur Wiedervereinigung
1989 innebehielt.
Den Ablauf der wichtigsten Ereignisse aus dem
Geschehen in der SZG in den Jahren von 1945 bis 1989 sollten maßgebende
Züchter für die "Strasser-Chronik" für spätere Generationen und zum Abdruck
in einem weiteren "Strasser-Heft" zusammenstellen.
Seit Anfang der 60er Jahre wurde die Zucht der sog.
"Seltenen Farbenschläge" intensiver betrieben. Die weißbindigen und
geschuppten Blauen galt es zu verbessern, die gleichen der Lackfarbe zu
erzüchten. Die Anfänge der Schwarzweiß geschuppten bzw. -gesäumten gehen auf
eigene "Importe" aus der damaligen DDR und S.K.H. Herzog Albrecht von Bayern
aus der CSSR und Österreich zurück. 
Besondere Aufmerksamkeit galt der Wiedererzüchtung
der fahlen Farbenschläge. Die ersten Versuche unternahm Erich Holdt, Marl,
der durchschlagende Erfolg gelang Giedo Hardt, Hamburg. Die Erzüchtung und
Verbreitung aller 7 Spielarten ging danach recht schnell voran. Heute haben
sie dank ihrer figürlichen feinen blauen Ahnen einen sehr hohen Zuchtstand
erreicht.
Insgesamt gesehen sind unsere Strasser, vor allem in
der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, schwerer, breit- und vollbrüstiger,
aber auch kürzer in der Feder geworden. Damit ist das uralte Ziel: Breit und
kurz, weitgehend erfüllt. Hierzu haben das Können der Züchter und die
stetige Auswahl beigetragen.
Zu der rasanten figürlichen Entwicklung fast aller
Farbenschläge hat letztlich auch die Wahl eines HV-Zuchtwartes beigetragen.
Siegfried Grenz, Bad Salzschlirf hat dieses Amt von 1969 bis 1982 aufklärend
und zuchtfördernd mit vielen Schulungen und schriftlichen Informationen
ausgefüllt. Seitdem hat Hansjörg Gradert, Kükelühn diese Aufgabe durch
Vorträge und Schulungen in den Bezirken noch forciert und sie auch in den
neuen deutschen Bezirken dankenswerter Weise wahrgenommen.
In der Organisation ergaben sich im Laufe der Jahre
folgende Veränderungen: Egon Gutgesell, Michelau übernahm von Hermann
Spitzenpfeil, Michelau das Amt des 1. Kassierers, als dieser aus
Altersgründen zurücktrat. 1983 legte Erich Rublack, Bassum nach bald
30-jähriger Tätigkeit sein Amt als 1. Schriftführer nieder und wurde zum
Ehrenmitglied des HV ernannt. Die Versammlung wählte Karl Gerhardt, Hähnlein
zu seinem Nachfolger.
Herold Gagel (†) führte den HV als 1. Vorsitzender bis
1990 und hat in dieser Zeit weitblickend und sicher geleitet. Die
HV-Versammlung in Neumarkt wählte den bisherigen 2. Vorsitzenden Elmar Sistermann, Penzberg zum neuen
1. Vorsitzenden und ernannte Herold Gagel zum
Ehrenvorsitzenden.
Als 2. Vorsitzenden wählte die Versammlung Klaus
Degenhardt, Heuchelheim und zum 1. Kassierer Franz Kaiser, Vogtareuth. Zu
weiteren Ehrenmitgliedern des HV wurden die nachstehenden, verdienten
Züchter ernannt: Paulus Schilling, Neuensorg (†), Heinz Burda, Rosenheim,
Philipp Voit, Stammbach (†), Heinrich Wessei, Bassum, Peter Schleith,
Erftstadt-Liblar (†) In der HV-Versammlung in Gießen entschied sich 1991 die
Versammlung bei der anstehenden Wahl des 1. Schriftführers für
Günter Stolte, Wernigerode.
Seit 1988/89 wird vom HV jährlich ein "Info-Heft"
herausgegeben. Es enthält alle wichtigen Ereignisse des Hauptvereins und der
Bezirke sowie Schautermine. Zuchthinweise gibt außerdem der HV-Zuchtwart,
sowie auch erfahrene Züchter aus den Bezirken. Jährlich ist es daher
umfangreicher und informativer geworden.
1989 hatten wir die große Freude, dass unser langersehnter
Wunsch wieder mit unseren ostdeutschen Zuchtfreunden unsere schönen Strasser
zu züchten, in Erfüllung ging. Züchterbesuche, Freundschaften über die ehem.
"Mauer" hinweg und Austausch von Zuchttauben können nun wieder ungehindert
geschehen.
Zur Klärung erster Fragen traf sich der HV-Vorstand
mit den Sonderrichtern in Wernigerode 1990. Es diente dem Kennen lernen und
der Anpassung der in 40 Jahren etwas abweichenden Zuchtrichtungen.
Die bisherigen Bezirke der ehem. DDR wurden den
Wünschen der Züchter wie folgt aufgeteilt:
Bezirk 8 - Nord-Ost,
Bezirk 10 -
Sachsen,
Bezirk 11 - Thüringen,
Bezirk 12 - Sachsen-Anhalt und
Bezirk 13 - Zeitz.
In
der HV-Versammlung in Neumarkt 1990 wurde auch der
organisatorische Zusammenschluss offiziell einstimmig beschlossen. Die
neuen, 1993 herausgegebenen Standardbilder eines Paares, zeigen die Ziele
der angestrebten rassischen Verbesserungen. Die Formen entsprechen bereits
vielfach der heutigen Realität: kompakt, voll- und tiefbrüstig, dabei
verhältnismäßig kurz.
Unsere heutigen deutschen Strasser sind mit denen
von 1850, 1907, oder 1936 nicht mehr zu vergleichen. Sie werden aber auch
weiterhin die Sympathie vieler Züchter und Taubenfreunde nicht verlieren, da
sie den Betrachter stets durch ihr Erscheinungsbild der Formen, Farben und
Zeichnungen beeindrucken.
Uns ist die Aufgabe gestellt, das Erbe unserer Väter
und Vorväter zu erhalten und unsere Strasser so weiter zu züchten, wie das
unser Idealbild eines Strasserpaares zeigt.
Erich Rublack
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